"3 Maler" Textbeitrag, ISBN 3-85366-826-7
"Augensinn" Robert Trsek, ISBN 3 - 901112197
"Sammlungskatalog Stift Seitenstetten"
"Auf schwankendem Boden - Geschichte der Galerie Haemmerle " Textbeitrag, ISBN 3-902249-97-8

Robert Trsek über Malerei:

Mein Verständnis von Malerei hat mit "Still-Sein" zu tun. Es passiert im besten Falle mit Welt, Maler und Bild oder mit Bildwelt und Betrachter... so etwa wie einem Zenmeister, der vom Gleichklang "Sonnenaufgang, Sonne aufgehen lassen" spricht.
Malerei ereignet sich als Phänomen des Augensinns, und der "Sinn" ergibt sich durch das Sehen-an-sich. Reines Sehen - wie es hier verstanden wird - ist ein geistiges Ergreifen. Daher konnte Leonardo sagen: "Unser ganzes Wissen beruht auf Schauen".
Ein Bild zu erfahren als ein Ausgebreitet-Sein von Welt in der Fläche, als einen Tanz ineinandergreifender Mittel - das ermöglicht eine Ordnung, die über die Darstellung hinausweist. So ein Bild ist eine Sprache nicht des Denkens, sondern der Augen.
Gregory Bateson meint, daß der Verlust der (ästhetischen) Einheit möglicherweise der schwerwiegendste erkenntnistheoretische Fehler sei, der je von der Menschheit gemacht wurde.
Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Dieses "Mehr" sichtbar machen zu wollen, fordert mein unvoreingenommenes In-der-Welt-Sein. So ist die sinnlich erfaßbare Welt Ausgangspunkt als auch Kontrapunkt meines Schaffens geworden.

Die gesamte Publikationsliste von Robert Trsek als download


Prof. Dr. Rudolf Leopold über Robert Trsek:

Es gibt zum Glück noch Künstler - und Robert Trsek gehört zu
Ihnen -, die nicht der Meinung sind, die Malerei sei tot, sei
überflüssig geworden. Und sie genieren sich auch nicht, in
Ihrer Arbeit von der Natur ihren Ausgang zu nehmen und dazu
von Snobs als rückständig oder unaktuell angesehen zu werden.
In Wahrheit kommt es ja nur darauf an, was man aus einem
Motiv macht, ob der Künstler es eigenständig, seinem Wesen
Entsprechend, zu gestalten vermag.
Trsek zeichnet und malt Landschaften, Bäume, Häuser, Akte und
Bildnisse. Dabei entsteht kein Konterfei; Trsek geht es um ein
Herausdestillieren der reinen Form. Von verschiedenen Seiten
macht er sich an sein Thema heran. Nach eigener Erklärung
sieht er die Dinge immer wieder neu und erlebt sich selbst im
Wandel seiner Empfindungen. Malerei ereignet sich als
Phänomen des Augensinns, und der "Sinn" ergibt sich durch das
Sehen an sich. Reines Sehen - wie es hier verstanden wird - ist
ein geistiges Ergreifen.

Prof. Eric Ess über Robert Trsek:

Er lebt auf tausend Metern Höhe, vor sich den weiten Blick über das Tal, im Rücken einen großen Wald. Er erlebt die Natur, den Wechsel der Jahreszeiten und die Regungen in seinem Inneren. Es ist ein ständiger Fluß, dessen Elemente sich verbinden, wieder trennen und neu zusammenfinden. Eines reibt sich am anderen, das Ganze verdichtet sich, sucht einen Ausdruck und tritt damit in einen neuen Prozess ein, in dem die eigentliche Formung stattfindet. Außen und Innen, Gesehenes und Gefühltes, Gewußtes und Geahntes stoßen auf der neutralen Bildfläche aufeinander, versetzen sie in Bewegung und machen sie zu einem imaginären Raum, zu einer imaginären Welt. Das, was Gedanke oder Gegenstand war, tritt aus der Vereinzelung heraus und dient dem Übergeordneten, das sich als Malerei und durch die Malerei manifestiert. Dann sind die Weite des Tales, die Erhabenheit des Waldes und die Person des Malers nicht mehr getrennt, sondern Klingen zusammen in jener Einheit, die die Sehnsucht des Menschen ist.

Prof. Heimo Kuchling über Robert Trsek:

Um das Licht, in dem alles Sichtbare klar, hell und präzis erscheint, die Sonne, malen zu können, ist es notwendig, dass das Innere des Malenden lichtvoll ist. Das Äußere bleibt Schein, wenn es nicht von Innen her erhellt wird.
Das innere Licht des Künstlers wird erst offenbar, wenn er sich bemüht, so zu malen, dass sein Menschsein in seinem Werk möglichst ungebrochen zum Ausdruck kommt: Konturen, Binnenzeichnungen und Farben werden nicht von Außen dirigiert, sondern von innen. Der Zusammenbau und der Einsatz der bildnerischen Mittel geht nicht vom Motiv aus, das zum Malen anregt - gleichgültig, ob es der menschliche Leib oder eine Landschaft ist – sondern aus den psychischen Schwingungen und aus den mentalen Einsichten in die Wechselbeziehungen zwischen dem Inneren und dem Äußeren. Verfällt der Mensch dem Äußeren, verfällt er den Verführungen, die von außen auf ihn eindringen und sein Wesen verkrüppeln. Es bleibt nur dann unverkrüppelt, wenn er sich von den Verführungen des Äußeren und den daraus resultierenden Fesseln frei machen kann: das ist ein langwieriger Prozess, einer, der nicht geradlinig verläuft.
Robert Trsek erlernte ein Handwerk, das ihn lehrte, zwischen Auge, Absicht und ausführender Hand eine innige Beziehung herzustellen. Was er herstellte, musste er lückenlos vertreten können: zwischen ihm und seinem Werk durfte sich keine Kluft bilden. Er musste sich mit dem, das er schuf, identifizieren. Somit war das Handwerk und seine Auswirkungen auf den Handwerker eine wichtige Vorstufe zur künstlerischen Arbeit.
Trsek kam aus Oberösterreich nach Kärnten: Der Ortswechsel, den er sich auferlegte, führte ihn in eine Welt, die ihm fremd war. Es ist eine Welt, die von Gebirgen, Tälern, Kesseln und Ebenen gebildet ist, die einen Gestaltenreichtum aufweist, der den aufmerksamen Beobachter zunächst überrumpelt. Er sieht Dinge und Vorgänge, die dem >Einheimischen< nicht auffallen, weil er sie gewohnt ist. Nur langsam erkennt er Beziehungen zwischen Dingen und Vorgängen, zwischen der Natur und dem Menschen, der ihr ausgeliefert ist. Nur langsam kann er eine Nähe zum Fremden herstellen, die es ihm erlaubt, sich seiner mit Vorsicht und zugleich mit Gründlichkeit zu bemächtigen. Das Fremde muss zu einer Welt werden, die sich aus seinem Inneren bildet.
Seine Bilder sind Niederschlag einer Weltbildung, in der das Äußere das Innere erfasst und aktiviert. Zuerst ist die Vielgestaltigkeit der Landschaft ausschlaggebend, aber bald treten Rhythmen und Farben auf, welche der Auseinandersetzung zwischen dem Maler und dem von ihm Gesehenen entspringen. Sehen wird von Bild zu Bild zu einem Erkennen: zu einem Erkennen formaler Ansätze im Gesehenen. Gestalten und Farben werden nicht von äußeren Bürden >befreit<, wohl aber werden Bürden nach innen gekehrt. >Abstrakt< ist nicht ein Zauberwort, das entlastet, sondern Ausdruck dafür, dass äußere Eindrücke den Geist wecken.
Ein Baumstamm reckt sich aus der Erde in den Himmel, und ein Ast weist in einer rhythmisch bewegten Kurve zur Erde zurück: Gestalt und Geschehen, als von einander abhängig, werden zu einer Einheit verschmolzen, die Welt genannt werden kann: Einheit ist eine hohes Ziel des Geistes, eines, das nicht im Handumdrehen erreicht werden kann.

Robert Trsek setzt die Tradition fort, die der frühe >Nötscher Kreis<, die Clementschitsch und Boeckl, die Berg gründeten und auf verschiedenen Wegen so weit führten, dass von einer >Kunst in Kärnten< gesprochen werden konnte, die wegweisend war und ist.

 

Die Studien und Bilder von Robert Trsek weisen auf ein in der bildenden Kunst grundlegendes Problem hin: ob sinnlich Wahrgenommenes mit abstrakten Mitteln verbildlicht werden kann. Das Abstrakte ist Idee, das sinnlich Wahrgenommene wird an den "Gegenstand" geheftet, und so scheint das Eine das Andere auszuschließen.
Wahrnehmungen werden, wenn über sie reflektiert wird, zu Erfahrungen, und somit zu geistigem Gut. So stellt sich die Frage ein, ob es Ideen ohne derartige Erfahrungen geben kann. Religiöse Ideen wurzeln wohl im Verhältnis der menschlichen Psyche zu ihrer sinnlich erfahrbaren Umwelt, und das dürfte der Grund dafür sein, daß sie auf die bildende Kunst befruchtend einwirken konnten: Idee und sinnliche Erfahrung schlossen sich nicht aus, sie waren vielmehr voneinander abhängig. Schon Platon sah die Welt nicht gegenständlich zersplittert, sondern als Idee, als bildhafte Einheit, und Jehova erschien dem Moses nicht bildlos - im eigentlichen Sinne abstrakt -, sondern als brennender Dornbusch, als Bild, und der christliche Gott schickte seinen Sohn auf die Erde, wo seine Göttlichkeit ein menschliches Schicksal erleidet. Der sichtbare "Gegenstand" ist nicht tot, er ist lebendig, und so ist das Verhältnis des Menschen zu seiner Umwelt psychisch bedingt und damit schicksalshaft. Der Mensch hat die Gabe der Reflexion und der Interpretation, und die Ergebnisse könnten Ideen genannt werden. Um auf den vorliegenden Fall zurückzukommen: ein Ast hängt herunter, der Baumstamm ragt in die Höhe. Im Bild ist diese sogenannte "Gegenständlichkeit" Figur: die Krümmung des Astes wurde zu fallenden Kurven, der Stamm zu einer senkrecht aufsteigenden Geraden. Ast und Stamm werden so zur Idee des Sinkens und des Aufsteigens, zu Gegensätzen, die ausdrucksstark sind, weil sie Schicksal ahnen lassen, Idee ist Bild.
Idee kann nur Bild und Bild nur Idee werden, wenn sinnliche Erfahrung und Reflexion sich die Waage halten, das Eine darf das Andere nicht ausschließen, sie müssen einander bedingen: Ein Prozeß, dessen Ausgang nicht vorherbestimmt werden kann, der vielmehr ein Abenteuer ist, dessen Ende niemand kennt. Der Maler hat diesen Prozeß eingeleitet, er steht im Spannungsfeld zwischen seinem Menschsein und seiner sinnlichen Erfahrung. Er spürt, daß sich, was sich seinen Augen darbietet, für ihn nicht in einer "Gegenständlichkeit" erschöpft, sondern erst Welt - Idee - werden muß, um Bild werden zu können. Der Weg zum Bild ist eine Abstraktion sinnlicher Eindrücke, ein Klärungsprozeß, der eine Idee ermöglicht, in der die Einheit des Bildes beschlossen ist. Ein fernes Ufer wird sichtbar, das nicht aus den Augen verloren werden darf.